„Putin hat viel Zeit: EU muss sich auf lange Krise einstellen“ - DiePresse

„Putin hat viel Zeit: EU muss sich auf lange Krise einstellen“ - DiePresse
16.10.2014

Polens Ex-Präsident Kwasniewski fürchtet, dass Russland Europas Einheit zerstören könnte. Er will Sanktionen gegen Moskau durch gemeinsame EU-Energiepolitik ersetzen.

15.10.2014 | 17:37 | Von CHRISTIAN ULTSCH (DiePresse.com)

 

Sie sind viel unterwegs in der Region. Sehen Sie einen Ausweg aus der Ukraine- Krise?

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Aleksander Kwasniewski: Wenn Russland will, wenn Russland seine Soldaten aus der Ukraine abzieht, die finanzielle Unterstützung für die Separatisten stoppt, den ukrainischen Behörden Zeit für Reformen und die Dezentralisierung des Staates gibt, wenn Russland einen vernünftigen Gaspreis für die Ukraine festsetzt und Wirtschaftsblockaden aufgibt, dann ist eine Lösung möglich. Das ist aber ein unwahrscheinliches Szenario. Ich fürchte: Europa muss sich auf eine sehr lange Krise einstellen.


Warum?

Russland will die gesamte Ukraine in seiner Einflusszone behalten, nicht nur einen Teil. Die Russen wollen die Ukraine in ihrer Eurasischen Union sehen oder zumindest eine neutrale Ukraine, die weder Mitglied der Nato noch der EU ist. Herr Putin hat viel Zeit. Seine jetzige Amtszeit dauert noch vier Jahre, und er hat wahrscheinlich noch weitere sechs Jahre. Kein westlicher Politiker hat eine derart lange Perspektive an der Macht.


Die Regierung in Kiew hat eben erst das EU-Assoziierungsabkommen unterzeichnet. Glauben Sie wirklich, dass Putin immer noch die ganze Ukraine will?

Das ist kein Geheimnis, wenn Sie Putin zuhören. Er hat die Ukraine mehrmals als künstlichen Staat bezeichnet. Einmal bezeichnete er auch alle post-sowjetischen Grenzen als künstlich, weil sie von Bolschewiken oder einem nicht immer nüchternen Chruschtschow gezogen worden seien.


Wie kann der Westen auf Putin einwirken?

Europa hat nicht viele Argumente. Putin aber stehen etliche Instrumente zur Verfügung: Er hat Gas, Öl, Geld, Soldaten, Propaganda und auch ein paar Unterstützer in der Ukraine. Russland wird nicht militärisch agieren. Das ist nicht notwendig. Putin kann auf wirtschaftliche Komplikationen in der Ukraine warten. Der Winter wird dramatische Folgen haben, wenn Russland das Gas abdreht.


Auf welche Instrumente kann der Westen zurückgreifen?

Ich zweifle, ob Sanktionen effektiv sind. Wenn etwas theoretisch die russische Politik verändern kann, dann wäre das eine gemeinsame europäische Energiepolitik.


Das ist ein sehr langfristiges Ziel. Warum stehen Sie Sanktionen skeptisch gegenüber?

Ich kenne die Geschichte der Sanktionen: Kuba, Irak, Iran. Sanktionen sind kein Zeichen der Stärke, sondern der Schwäche. Nur wer kein anderes Werkzeug hat, verhängt Sanktionen. Natürlich sind Sanktionen gegen ein paar Oligarchen und Günstlinge Putins okay. Aber politisch können die Sanktionen Putin helfen zu erklären, warum die russische Wirtschaft in schlechter Verfassung ist. So hat Castro 50 Jahre lang Politik gemacht. Sanktionen ziehen auch negative Effekte für Europa nach sich. Immer mehr Unternehmer beklagen sich. Das kann langfristig eine nervöse Atmosphäre schaffen. Aber in dieser Situation sind Sanktionen trotzdem notwendig.


Selbst wenn man weiß, dass sie nirgendwohin führen?

Wenn wir nicht bereit sind, Sanktionen durch eine gemeinsame Energiepolitik zu ersetzen, müssen wir sie fortsetzen.


Was halten Sie von Österreichs Vorschlag, dass die Ukraine ihre Neutralität erklären sollte?
Was heißt neutral?


Keiner militärischen Allianz wie der Nato anzugehören.

Aber das ist jetzt nicht der Fall. Die Ukraine bittet nicht um Mitgliedschaft in der Nato. Das Problem fing nicht mit der Nato an, sondern mit dem Assoziierungsabkommen der EU. Wenn Neutralität heißt, dass die Ukraine Mitglied der EU ist, aber nicht der Nato angehört, können wir darüber diskutieren. Aber die Frage ist, ob Russland eine solche ukrainische Neutralität respektieren würde. Wenn Russland diese Form der Neutralität respektiert, wie es Österreichs Neutralität nach 1955 respektiert hat, sehe ich kein Problem.


Sie würden darauf nicht wetten.

Nein, absolut nicht.


Sie hatten vom EU-Parlament den Auftrag, im Fall der inhaftierten Julia Timoschenko zu vermitteln. Wann erkannten Sie zum ersten Mal, dass Janukowitsch das EU-Assoziierungsabkommen vielleicht nicht unterschreiben wird?

Im Sommer 2013, nachdem Janukowitsch in Sotschi ein sehr langes Treffen mit Putin hatte. Dieses Treffen veränderte alles. Die russische Seite drückte damals offenbar in harter Form ihre Erwartung aus, dass die Ukraine das Assoziierungsabkommen nicht unterschreiben soll.


Welchen Druck übte Russland aus?

Der Druck war ziemlich stark. Während dieser Zeit wurde der Export ukrainischer Waren blockiert. Putin kündigte damals auch schon an, die ukrainische Wirtschaft mit 15 Milliarden Dollar zu unterstützen, wenn Janukowitsch seine Unterschrift unter das Assoziierungsabkommen verweigert hatte. Das geschah dann tatsächlich im November. Ein weiteres Element des Drucks war das Lockangebot, den Gaspreis zu senken. Sie müssen bedenken, dass die Ukraine als Nachbar Russlands den höchsten Preis für Gas in Europa bezahlt. Außerdem stellte Putin die Unterstützung für Janukowitsch bei der Präsidentenwahl 2015 in Frage.


Im Rückblick betrachtet: Hätte die EU anders handeln sollen, um die Zerreißprobe zu verhindern?

Theoretisch, sehr theoretisch hätte es helfen können, die Unterzeichnung zu beschleunigen, nicht in Vilnius, sondern schon ein paar Monate davor. Die Dokumente waren seit März 2012 unterschriftsreif. Für Janukowitsch wäre es das beste Szenario gewesen, wenn das Assoziierungsabkommen mit der EU wegen der Gefangenschaft Timoschenkos gescheitert wäre. Doch am Ende war die EU bereit, das Abkommen auch ohne Freilassung Timoschenkos zu unterzeichnen. Offen gesagt, war das Abkommen für die Russen von Anfang an inakzeptabel. Sie unternahmen alles, um es zu zerstören. Die Bevölkerung der Ukraine entschied sich schließlich zur Unterzeichnung, nicht die Regierung.


Wann haben Sie Janukowitsch das letzte Mal gesehen oder gehört?

Während des EU-Gipfels in Vilnius. Er war recht glücklich, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Manche erwarteten, er werde in der letzten Sekunde noch umschwenken. Aber das geschah nicht. Während meines letzten Treffens mit Janukowitsch sagte ich ihm: Es ist Ihr größter historischer Fehler, das Assoziierungsabkommen nicht zu unterschreiben. Ich hatte danach eine bittere Genugtuung.


Haben Sie je versucht nachzuvollziehen, was in der Nacht des 21. Februar passierte, als Janukowitsch wenige Stunden nach der Kiewer Vereinbarung zur Beilegung der Maidan-Krise die Flucht ergriff?

Ich versuchte es. Ich traf Sikorski, der als polnischer Außenminister zusammen mit Steinmeier und Fabius das Kiew-Abkommen verhandelt hatte. Er erzählte mir, dass die sehr langen Verhandlungen damals für eine Stunde unterbrochen wurden. Währenddessen, so vermuteten ukrainische Minister, rief Janukowitsch wahrscheinlich Putin an. Jedenfalls kehrte Janukowitsch nach dieser Pause kreidebleich und ohne Energie an den Verhandlungstisch zurück. Offenbar erkannte er, dass er keine Unterstützung mehr hatte. Janukowitsch war kein tapferer Mann und deshalb entschied er sich zu flüchten. Ich stimme Lukaschenko (Weißrusslands Staatschef; Anm.) zu: Ein Präsident muss nicht jeden Tag heroisch sein, aber manchmal ist es notwendig. Es wäre Janukowitschs Pflicht gewesen, das Risiko in Kauf zu nehmen und zu bleiben.

 

War es nicht auch ein historischer Fehler, dass die ukrainische Regierung und die EU nach der Flucht Janukowitschs ein politisches Vakuum in der Ostukraine entstehen ließen?

Nach der Flucht Janukowitschs beging das Parlament einige Fehler und stimmte etwa dafür, Russisch als offizielle Regionalsprache abzuschaffen. Der damalige Präsident unterzeichnet das Gesetz nicht, aber die russische Propaganda nützte dies sofort aus. Es ist wichtig zu verstehen: Vier Jahre Janukowitsch an der Macht bedeuteten totale Dominanz von Donezk, der Ostukraine. Die Leute, die nicht aus Donezk kamen, waren deshalb sehr wütend, nicht auf die Ostukraine, russischsprachige Bürger oder Russen, sondern auf Janukowitsch und den Donezk-Clan. Im Nachhinein ist man immer klüger. Die Dynamik war revolutionär, das Land außer Kontrolle. Und dann inszenierte Russland die Krise auf der Krim und unterstützte die Separatisten in der Ostukraine. Es gibt keine Zweifel, wer der Autor dieses Skripts war.

 

/Tłumaczenie/

Wywiad z Prezydentem Aleksandrem Kwaśniewskim dla austriackiej gazety „Die Presse” (16.10.2014)


Podczas pobytu w Austrii, Prezydenta A.Kwaśniewski udzielił wywiadu gazecie „Die Presse”. W wywiadzie czytamy m.in., że w opinii Prezydenta kryzys na Ukrainie może zostać rychło rozwiązany, pod warunkiem, że polityka Rosji wobec separatystów, Ukrainy i UE diametralnie się zmieni. Warunkuje to wycofanie rosyjskich wojsk z terenów należących do państwa ukraińskiego, zaprzestanie wspierania separatystów, zniesienie embarga na europejskie produkty oraz ustalenie akceptowalnej ceny gazu dla Ukrainy. Zdaniem byłego prezydenta, jest to scenariusz mało prawdopodobny, wręcz niemożliwy. Europa musi liczyć się długotrwałym kryzysem w regionie. W przeciwieństwie do europejskich liderów W. Putin „ma czas”, nie czuje presji wyborów i może liczyć na kolejną kadencję w fotelu prezydenckim.


Praktycznie nieograniczona władza w państwie, intensywna propaganda, a przede wszystkim potężne złoża gazu i ropy, z których korzysta znaczna część Europy, w tym Ukraina, czynią z Putina polityka niezależnego i odpornego na działania UE. Niemniej sankcje nałożone przez UE, mimo że mają negatywne skutki dla europejskich gospodarek, są instrumentem ważnym i potrzebnym, bo jedynym, jakim dysponuje UE do momentu stworzenia wspólnej polityki energetycznej.


Jako głównego winnego obecnego kryzysu ze strony Ukrainy Aleksander Kwaśniewski wskazuje b. prezydenta Janukowycza, który obawiał się samodzielnej polityki, konsultował najważniejsze decyzje polityczne z Kremlem oraz podzielił społeczeństwo, promując donieckich oligarchów. Być może wcześniejsze podpisanie umowy stowarzyszeniowej doprowadziłoby do innego przebiegu zdarzeń, jednak wtedy EU blokowała ten krok, domagając się uwolnienia Julii Tymoszenko.


Aleksander Kwaśniewski ocenia rosyjską propagandę jako bardzo skuteczną i agresywną. Bazuje ona na nieznajomości Ukrainy w świecie i sugerowaniu, że tylko Rosja jest w stanie rozwiązać problemy ze swoim bliskim sąsiadem. Poza tym Moskwa bardzo często eksploatuje argument upokorzenia Rosji procesem rozszerzeniem NATO na wschód.


Jako zagrożenie dla demokracji na świecie Aleksander Kwaśniewski wskazuje atrakcyjność autorytarnego putninowskiego czy chińskiego modelu władzy dla innych przywódców na świecie.


Rozmowę przeprowadził szef działu zagranicznego dziennika „Die Presse” Christian Ultsch. 
 

EU should step up support for Jordan - The Jordan Times

25.08.2014

AMMAN — The European Union should take decisive actions to strengthen Jordan’s strategic regional stance, according to Poland's former president, Aleksander Kwasniewski.

"We must now support Jordan as one of the latest 'oases' of peace and stability in the Middle East," Kwasniewski, who served as president from 1995 to 2005, told The Jordan Times in a recent interview.

"The Hashemite Kingdom of Jordan has become an important regional strategic factor of stabilisation... This is a fact of great importance, taking into consideration the dangerous and chaotic situation in nearby Syria and Iraq," he added.

Noting that Jordan has the right to receive international assistance as it continues to host Syrian refugees, Kwasniewski, the third president to assume power after the country's name was officially changed to the Republic of Poland in 1989, warned of a spillover of the violence in Syria.

"In its fourth year, the Syria war has clearly become a sectarian and ethnic conflict, fuelled also by a growing strategic struggle between various powers from the region and above, including Russia and the US," he said.

"Recent developments in Iraq show us clearly that its impact on the region is with no doubt negative. The fearful scenario of the wide range regional spillover of Syria’s war is highly possible."

In Iraq, the Islamic State militant group's gains are also a cause for alarm.

"[The] Islamic State poses a real threat not only to Iraq and Syria, but also to the entire Middle East... So we should act quickly and resolutely, to minimise that danger before it becomes a global one," Kwasniewski said.

"I am convinced that Poland — as a member of the European Union and NATO — has already been engaged along with our allies in the policy-making processes in both organisations, aimed at [the] resolution of the Middle East crises," he added.

"Russia, as one of great powers actively engaged in the political dimension of the Syria conflict, could still act as a positive actor," said the statesman, who secured the adoption of a new constitution in Poland in 1997.

Moscow must decide whether it wants to "fully participate" in the international efforts seeking to stabilise the Middle East, or "become a negative hero of this story", he noted.

"However, the ongoing polarisation between Russia and the West (against the background of the Ukraine crisis) could push Moscow to harden its stance on Syria," Kwasniewski said.

The Ukrainian crisis is part of a "broader and much more complex issue" that he described as the "resurgence" of Russia’s policy towards Central and Eastern Europe, which he likened to "old imperial times".

"The growing assertiveness of Moscow and its aggressive stance toward former Soviet republics pose a real threat to European security," the Polish politician said, criticising Russia's annexation of the Crimea Peninsula.

By doing so, he said, "Russia has in fact destroyed the hitherto main pillar and strategic axiom of European security: the inviolability of existing borders and state territories."

Such a step could cause negative consequences for Europe and the world, Kwasniewski warned.

"Furthermore, growing tension between Russia and the West has its disadvantageous impacts on many international issues — from strategic disarmament, to [the] Middle East peace process," he stressed.

Acknowledging that the Arab-Israeli conflict is one of the hardest to resolve, the statesman said "a great, historic compromise" is needed to reach a breakthrough.

"Both sides should sacrifice some of their rights and privileges. I know exactly how it is difficult in practice; the historic breakthrough in Poland in 1989, in which I participated actively, was possible only because of strong mutual will of compromise, and agreement between the contemporary communist government and democratic opposition.

"Without such strong will of cooperation and accord a resolution is simply impossible," he stressed, noting that Jordan, as a "stable and very important member of the Arab world", can act as a moderator to reach a settlement.

Link  www The Jordan Times